Rumgeklampfe

Hannes, Haschi und ich sitzen im Cadillac Kino an der Bar, trinken Kaffee und schauen den Bedienungen auf den Arsch. Sie tragen hübsche rote Röckchen und sind wie alles in dieser 80er Jahre Vision eines 50iger Jahre Kinos sorgfältig ausgewählt um ins Bild zu passen. Natürlich sind sie blond.

Auf einem Beamer läuft MTV.
Beamer.
MTV.
1991.
Kein Wunder, dass wir hier rumsitzen.
Ray Cokes sagt das nächste Video an und wir lachen über Elton Johns Fielmann Werbung. “I’m still standing”

Man hört Guns’n’Roses, Led Zeppelin, Hendrix und Aerosmith. In wenigen Wochen werden wir Pearl Jam, Nirvana, Soundgarden und Alice in Chains hören. Aber davon ahnen wir noch nichts.
Hannes bestellt einen Kaffee, schwarz aber mit Löffel. Die Bedienung leistet ohne zu fragen folge.
Gerade haben wir Terminator 2 geschaut und jetzt reden wir über Bodeneffektgeräte. Meine Oma hat mir nämlich eine TurboRat geschenkt den alten Tubescresamer hab ich in der Schule gegen 6 Gramm Sprat getauscht.

Die Mama vom Meixner gibt mir seit ein paar Wochen Gitarrenstunden. Ich spiele “Scarborough Fair” und “Tom Dooley” aber in meinen Gedanken bin ich sowas wie eine Kreuzung aus Sid Barrett und Jim Morrison.

Hannes verabschiedet sich. Er zeichnet lieber als Musik zu machen. Eigentlich mag er nur Motörhead. Haschi und ich fahren mit der U-Bahn zum Ostbahnhof und machen unseren Rundgang. East-Side, Folk-Laden, Manhattan.

In Haidhausens Gitarrenshops sind wir berüchtigt. Wir können kaum spielen und haben kein Geld. Dafür probieren wir alles aus was sie da haben. Schrullige Amps aus den Siebzigern die Features wie eingebaute Zigarettenanzünder haben oder eben die Dobro die fast aussieht wie die auf dem Cover bei der “Brothers in arms”.

Haschi hat keinen Unterricht. Wir spielen ungefähr gleich lang aber er lernt wahnsinnig schnell. Er hört einfach alles raus. Sein großer Bruder spielt schon richtig gut und das treibt an.

Seit ein paar Wochen habe ich eine eigene Band. Das Ding heisst “Cheap Champagne”, in Anlehnung an Princes erste Band “Champagne”. Drunter mach ma’s ned.

Ich hab alle Mädls die ich kenne mit Engelszungen bekniet Instrumente zu lernen und jetzt spielt Möne Schlagzeug, Jenny Gitarre, die Assi Bass und die Kliche Orgel. Ich bin der Sänger und Songwriter. Klingt toll. In der Praxis sitzen die Mädls bei Kliches auf der Terrasse, rauchen und reden mit dem Müsli, dem blöden, blonden Max und den anderen älteren Jungs die bei Kliches so ein und ausgehen. Ich störe eigentlich eher beim Anbandeln mit meinen Versuchen die Probe fortzusetzen.

Haschi gibt Gas auf einer Sunburst Strat. Er ist richtig gut mittlerweile. Ich spiele wie immer das Solo von Whole lotta love. Ich spiele es schlecht. Der Verkäufer verzieht das Gesicht. “Leiser”. Dann entdecke ich sie. Eine Ibanez Custom aus den 70ern. Lawsuit Edition. Ich spiele sie und bin verliebt. Irgendwann wird sie mir gehören.

Am nächsten Tag bin ich bei Danny zu Besuch. Er lässt mich auf seiner Flying V spielen. Wir spielen Kram von den Hosen und den Ärzten. Haschi ruft an, er will seinen Signalstift ausprobieren den er in der Garage seiner Eltern gebastelt hat.

Wir treffen uns am alten Kieswerk und er zeigt mir seine Kreation. Das Ding sieht lebensgefährlich aus. Als Abzug dient eine alte Radlbremse. Sehr cool.

Er zielt und zieht ab. Nichts. Man schaut was klemmt. Ich verabschiede mich mental von meiner Pickinghand. Ok, nächster Versuch. BAM! An der Wand springt der Putz.

Wir spielen noch so lange mit unserer Schusswaffe Marke Eigenbau bis nichts mehr geht. Irgendwas hat’s verzogen. Wir müssen damit zurück in die Garage. Als wir später im Keller seines Elternhauses eine Runde zusammen klampfen zeige ich Haschi einen Text und spiele ein paar Akkorde die ich mir ausgedacht habe. Wir singen:

Mother I’ve got something to say
I killed a man today
I will do it again
if I only get a chance

and brother I’ve got something to say
I fucked your girlfriend today
I will do it again
if she only spreads her legs

But if you ever touch my stereo
into your head a hole I will blow
but if you ever touch my guitar rack
you get a bullet in your back

Einige Tage später liefert der Tinku oder der Cooper den Bandnamen. Der pessimistische Steckerlfisch, oder “Pessimistic Stickfish” ist geboren…